
16. November 2022 von Jörg Blache
E-CommerceVeröffentlicht am 22.04.2022 von Pierre Corell
Eine Shop-Migration ist ein umfangreicher Prozess, bei dem viele technische (als auch menschliche) Faktoren eine Rolle spielen. Dabei ist das Wann und Wie durchaus entscheidend für die erfolgreiche Transformation.
Wir schauen uns im Folgenden genau an, welche Risiko-Faktoren bei der Kostenentwicklung mit einbezogen werden sollten und zeigen exemplarisch anhand eines Beispiels auf, wie Sie selbst Risiko-Faktoren und etwaige Mehrkosten berechnen können.
Die Kostenfaktoren einer Software-Migration und was dabei beachtet werden sollte, behandelten wir bereits in einem ersten Teil.
Wie berechnen wir nun, wie sich der Preis im Vergleich von einer heute beauftragten Magento Migration zu einer in drei Jahren gewünschten Migration entwickelt?
Um einen solchen Vergleich treffen zu können, gehen wir in jedem Fall von gleichen Anforderungen unserer fiktiven Migrationen aus – es wird also nicht unterstellt, dass im Verlauf des weiteren Betriebes innerhalb der nächsten drei Jahre Extensions, die nicht mehr benötigt werden, aus dem System entfernt werden. Wovon wir jedoch ausgehen, ist, dass wir einer professionellen E-Commerce-Agentur die Weiterentwicklung überlassen, sodass die Komplexität, Lesbarkeit des Codes, das Technische-Schulden-Konto etc. sich eher vermindern. Als wahr kann auch angenommen werden, dass sich die erwarteten Kosten eher nach oben entwickeln, da der Unterschied des existierenden Systems zum weiter betriebenen Shopsystem mindestens gleich groß, im Regelfall aber zunehmend ist.
Und wieviel nun genau? Moment noch! Für derlei Kalkulationen benötigen wir zunächst eine statistische Berechnungsgrundlage.
Wir definieren vor der Berechnung also zunächst eine individuelle Risiko-Matrix, anhand derer die Steigerung der Kosten im Vergleich messbar und damit ungefähr definierbar wird – denn genau das ist unser Ziel. Wir gehen hierbei davon aus, dass die Dokumentation existiert, die Agentur nicht wechselt und alle bisherigen Funktionen exakt wie bestehend, ins System migriert werden wollen.
Ausgangssystem
Magento 1.9.4 (latest)
Zielsystem
Magento 2.4.* (latest)
Gekaufte Extensions
15
Eigene Extensions
25, inkl. Im- und Export in ERP-System
Produkte im System
20.000
Neue Daten im System pro Jahr (Bestellungen, Kunden, Produkte etc.)
50.000
Budget pro Monat
15.000 €
Zunächst sind die für die Berechnung entscheidenden Risiko-Faktoren zu definieren, als Basis können die in diesem Beitrag genannten Faktoren dienen. Die Matrix sollte mit individuellen Bewertungskriterien angereichert werden.
Unsere, vereinfacht dargestellte, Matrix behandelt zum Beispiel die Anzahl von Bugs ohne Bezug zur tatsächlichen Menge aller Bugs pro Jahr, was recht oberflächlich betrachtet ist. Auch die Metrik der Migrations-Daten-Menge sollte in Kombination mit dem evaluierten Aufwand im jeweiligen Ziel-System, auf Basis der involvierten Systeme und Teilschritte etc., ihre Definition erhalten. Am Beispiel des erwähnten Im- und Export-Modules zeigt es sich auch, dass Module verschiedenen Risiko-Faktoren ausgesetzt sind und eine separierte Bewertung benötigen, um einer realen Prognose so nah als möglich zu kommen. Maximal mögliche Werte sollten optimalerweise auf realen Daten basieren und sich in der jeweiligen Metrik wiederfinden.
Auf einer kombinierten Basis kann die Einordnung in die strukturell gleich bleibenden Metriken “klein” bis “sehr hoch” und damit, in unserer Beispiel-Matrix, 1-4 erfolgen. Für Vergleichs- und Berechnungs-Prognosen dieser Art ist eine Zahl-Werte-Kombination essenziell. Sind feinere Abstufungen notwendig oder angebracht, erweitert man die Metriken – dann aber für jede Kennzahl.
Für das Verständnis der hiesigen Evaluierung dürfte unsere beispielhafte Risiko-Matrix ausreichend sein:
Je größer der Versionsunterschied, desto höher ist die Komplexität einer Migration. Auch wenn die eigentliche Migration nicht aufwendiger ist, so kommen mit neueren Versionen auch stets verbesserte Funktionalitäten, Änderungen an Prozessen und neue Features hinzu, welche die Komplexität erhöhen.
Metrik
1 – klein: bis 3 Versionen
2 – mittel: 4-10 Versionen
3 – hoch: 11-29 Versionen
4 – sehr hoch: 30 Versionen oder mehr
Im weiteren Betrieb des Shopsystems gehen Bestellungen ein, registrieren sich neue Kunden usw. Die Metrik bezieht sich auf die zu erwartende zunehmende Menge innerhalb der Zeitspanne, in unserem Fall drei Jahre.
Metrik
1 – klein: bis 9.999 Daten
2 – mittel: 10.000 – 99.999 Daten
3 – hoch: 100.000 – 199.999 Daten
4 – sehr hoch: ab 200.000 Daten
Eine einfachere Kennzahl, die generell genutzt werden kann, die auf Basis der Menge des Codes ohne Komplexität definiert ist.
Metrik
1 – klein: bis 4.999 Codezeilen
2 – mittel: 5.000 – 24.999 Codezeilen
3 – hoch: 25.000 – 99.999 Codezeilen
4 – sehr hoch: ab 100.000 Codezeilen
Ebenfalls auf Basis der “Lines of Code” ohne Komplexitätsbezug.
Metrik
1 – klein: bis 4.999 Codezeilen
2 – mittel: 5.000 – 24.999 Codezeilen
3 – hoch: 25.000 – 99.999 Codezeilen
4 – sehr hoch: ab 100.000 Codezeilen
Diese Kennzahl ist optimalerweise ins Verhältnis zur Menge an Code im betroffenen Software-Teilbereich, der Schwere des Bugs, der Dauer der Behebung und der Verluste durch diese zu setzen.
Metrik
1 – klein: bis 9 Bugs pro Jahr
2 – mittel: 10 – 24 Bugs pro Jahr
3 – hoch: 25 – 49 Bugs pro Jahr
4 – sehr hoch: 50 oder mehr Bugs pro Jahr
Ohne Berücksichtigung eines potenziell ebenfalls relevanten Bezugs zur Menge der aufkommenden Bugs pro Jahr.
Metrik
1: Testabdeckung vorhanden, Dokumentation vorhanden
2: keine Testabdeckung, Dokumentation regelmäßig gepflegt
3: keine Testabdeckung, Dokumentation unvollständig
4: keine Testabdeckung, keine Dokumentation
Auf Grundlage unserer Matrix können wir nun ziemlich exakt voraussagen, wie sich die Kosten im Laufe der Zeit entwickeln werden, wenn wir weiterhin mit dem jetzigen Shopsystem ein erfolgreiches E-Commerce-Business betreiben und es entsprechend der Kundenwünsche, Marktlage etc. erweitern wollen. Dafür hat unser fiktives Beispiel ein Budget von 15.000 € pro Monat zur Verfügung, wodurch die Entwickler pro Monat 500 Zeilen neuen Code produzieren (abzüglich Arbeiten an Bugs) und die Menge der angelaufenen technischen Schulden reduzieren.
Ausgangsvermutung für Wachstum bzw. Reduktion in 3 Jahren
Auf Basis einer bekannten Kalkulationsgrundlage berechnen wir nun den Median der relevanten Kennzahlen und rechnen diese im Weiteren schlichtweg prozentual auf. Perfekt gelingt dies auf Basis eines Angebotes für eine Shop-Migration per Heute. Auch in diesem Fall wird ein simplifiziertes Beispiel zur Veranschaulichung verwendet und kein auf realen Daten basierendes Angebot:
Relevante Faktoren aus der Risiko-Matrix für den Median
In dieser Beispielrechnung errechnen wir eine Summe der Kosten für heute von 270.000 € und für in drei Jahren von 373.750 €. Wir haben also mit einem Anstieg des Preises um 38,4% innert der vordefinierten Zeitspanne von drei Jahren für eine Plattform-Migration unseres Beispiel E-Commerce Shopsystems zu rechnen. Wenn man die Kosten und andere bekannte Rahmenbedingungen einberechnet, sind weitere analytische Resultate unserer Prognose direkt ablesbar:
Noch einmal sei deutlich darauf hingewiesen, dass dieses Beispiel keinen direkten Praxisbezug hat. Die Matrix, Risiko-Faktoren und Angebotsdaten sind fiktiv und sollten in einer “echten Berechnung” auf Basis realer & qualitativ erhobener Daten, tatsächlicher Komplexität und aller zueinander in Bezug stehender Komponenten stets individuell definiert werden.
Auf der Basis des Beispiels, der Erklärungen und Ihres individuellen Angebots sollten Sie nun befähigt sein, die Risiko-Faktoren als auch potenziellen Mehrkosten für eine spätere Magento 2 Migration oder der Migration zu einem anderen Shopsystem selbst zu errechnen.
Abschließend lässt sich festhalten: Es ist überaus sinnvoll, sich über die Kosten einer Shop-Migration Gedanken zu machen, dies kann Ihnen wertvolle Ressourcen wie Zeit und Geld sparen. Wir konnten mit unserer Berechnung feststellen, dass sich die Kosten für eine Software-Migration in 3 Jahren erhöhen, in unserem fiktiven Beispiel sogar über ein Viertel. Faktoren wie beispielsweise technische Schulden, die Anzahl aufkommender Bugs oder eventuelle Zusatzkosten treiben den Preis in die Höhe. Eine professionelle Kalkulation ist in jedem Fall wertvoll und kann helfen, Chancen und Risiken der Shop-Migration abzuwägen. Denn jedes Shopsystem muss individuell betrachtet werden. Erfahrene Experten helfen Ihnen dabei, die Risiken und Kosten der Shop-Migration realistisch zu bewerten.
Sie benötigen Unterstützung bei der Shop-Migration? Sprechen Sie uns einfach an und wir finden gemeinsam heraus, welche Lösung für Ihr Projekt die beste ist. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.
Quellen & Literatur
Über den Autor
Pierre Corell
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